Einen Monat „reisen“
Ein Monat einer Reise kann alles bedeuten.
Zehn Länder zu durchqueren, die Zeit an einem Ort zu verbringen oder innerhalb der selben Ländergrenzen zu reisen. Wenn ich zurückschaue, hätte ich wohl vorhergesagt, dass ich bereits auf dem Segelboot wäre und dabei aushelfe, es für die Reise vorzubereiten.
Das ist bisher nicht der Fall und in Maßstäben einer physikalischen Reise bin ich noch nicht so weit vorangeschritten wie ich mir zu Beginn vorgestellt hätte. Ich lebe immer noch auf dem Hausboot mit Michelangelo und seiner Partnerin – Amy – und die Dinge soweit zu verallgemeinern, dass ich sagen kann „Ich verbringe meine Tage mit […]“, ist unmöglich. Jeder Tag kann vollkommen anders aussehen als der vorherige, neue Möglichkeiten finden sich täglich und meistens weiß ich von ihnen 24 Stunden vorher noch Garnichts. Im letzten Monat war ich in Nizza (kurz), Monaco (noch kürzer) und Sanremo (mehrfach). Ich wurde zwei mal von der Polizei gestoppt, habe geholfen, eine klassische Segelyacht aus dem Wasser zu kriegen, bin auf einer Schiffs-Überführung mitgefahren, habe unser Mittagessen anbrennen lassen – was eigentlich nach allen Regeln der Logik nicht hätte möglich sein sollen – und habe Stunden damit verbracht, mich über sämtliche Themen zu unterhalten, die man sich vorstellen kann.
Oh, und ich habe unser Segelboot zum ersten Mal gesehen! Aber alles der Reihe nach.
Obwohl ich immer noch in Italien bin, habe ich die Möglichkeit bekommen, mir Monaco und Nizza anzusehen. Amy musste einige Dinge in diesen beiden Orten erledigen und ich bin kurzerhand mitgekommen, um einen Blick auf die beiden Städte zu werfen. Wir hatten nur eine halbe Stunde in Monaco (vollständige Galerie hier), was natürlich nicht viel Raum gelassen hat.
Nizza gab mir etwas mehr Zeit, wenn auch insgesamt zwei Stunden nur für eine weitere Fototour und mein Mittagessen gereicht haben. Die Ergebnisse kannst du auch hier wieder in der Galerie einsehen.
Und ja, ich scheine ein besonderes Verhältnis zu Polizisten zu haben. Und zwar keine positive, da sie mich wirklich in aus der Menge heraus erkennen zu können scheinen. Das musste ich herausfinden, kurz nachdem ich mir Michelangelos Auto zum ersten Mal geliehen hatte. Er hat ein kleines Auto, dass ich liebevoll in Rennsemmel umbenannt habe. Nachdem er mir das Angebot gemacht hatte, konnte ich natürlich nicht lange widerstehen, schnappte mir meine Ausrüstung (Kamera, GoPro, etwas Wasser) und habe den Hafen in Richtung „Parkplatz“ verlassen (ein interessantes Thema für einen anderen Zeitpunkt: Parken in Italien!)
Nachdem ich auf die Straße gezogen hatte und mich gerade an das neue Auto gewöhnen wollte, wurde ich auch bereits nach nicht einmal fünfzig Metern von Polizisten herausgewunken (und die Straße war voll mit Autos!). Mit meinem Mangel an Italienischkenntnissen und ihrem ähnlichen Level in der englischen Sprache – mehr als ein paar Wörter in dieser Sprache sind hier äußerst selten – schafften sie es aber zumindest so weit zu kommunizieren, dass ich wusste, dass sie gerne meine Papiere hätten (glücklicherweise war das ja auch im Kontext logisch). Nachdem ich das halbe Auto durchsucht hatte, fand ich einen dicken Packen Papier. Vollständig durchnässt, das Fenster war wohl über Nacht etwas offen gewesen. Da ich keine Ahnung hatte, wie die üblichen Italienischen Dokumente aussahen, drückte ich dem netten Herrn kurzerhand das ganze Paket mit einem „Scuza, scuza!“ in die Hand und hoffte, dass er darin das richtige Stück Papier finden würde. Damit erntete ich mir einen etwas vorwurfsvollen Blick, vermischt mit etwas, was ich hoffe, der Ansatz eines Lächelns war. Kurz darauf fischelte er ein blaues Blatt heraus und gab mir den Rest des Stapels zurück. Nachdem er noch meine Personalien aufgenommen hatte, erinnerte er mich daran, dass ich den Fahrzeugbrief bei Gelegenheit zum Trocknen herauslegen sollte.
Bis heute habe ich keine Ahnung, warum ich angehalten wurde oder wofür diese Informationen benötigt wurden. Kann mir da jemand aushelfen? Michelangelo, Amy und ich haben schon allerlei Theorien aufgestellt, aber keine davon wirkt wirklich überzeugend.
Meine zweite Begegnung mit dem Arm des Gesetzes ließ mich nicht einmal fünfzig Meter weit kommen. Der Bus, den ich eigentlich nach Sanremo hätte nehmen wollen, wurde wegen eines Lecks gestoppt. Genau dann, als er in meine Haltestelle einfuhr. Ich wüsste ja gerne, was passiert, wenn ich zum ersten Mal mit dem Zug zu reisen versuche…
Nach Sanremo zu fahren war aber immer noch Teil meines Plans und so wartete ich auf den nächsten Bus, der mich schließlich zu Michele brachte. Ich wollte ihm mit ein paar Kleinigkeiten auf seinem Boot aushelfen, denn ein paar Tage zuvor hatten wir sein Boot aus dem Wasser geholt, um einige Reparaturen an der Hülle vorzunehmen.
Bei dieser Aktion wurden wir in eine Konstruktion wie das obige gesetzt (offensichtlich ohne die Abdeckungen); dafür wurde das Gestell ins Wasser gelassen und wir manövrierten wir das Boot in die Mitte des Gestänges. Anschließend werden Seile zwischen den Armen des Gestells und dem Boot gespannt, um es beim Herausziehen aus dem Wasser aufrecht zu halten. Die Hauptlast wird vom Boden des Gestells getragen, unterstützt von Trägern die später an Land seitlich angesetzt werden.
Mahana (der Name des Bootes) ist eine klassische Segelyacht aus Stahl, was den Besitzer dazu zwingt, sich regelmäßig um den Rost zu kümmern, der sich langsam in die Hülle frisst. Das passiert automatisch über die Zeit und zwischendurch müssen einzelne Stellen mit neuen Metallplatten ersetzt werden, was es nötig macht, das Boot aus dem Wasser zu ziehen. Zeitgleich wird auch die Farbe überarbeitet, ein paar Kratzer beseitigt und die Schnitzereien am Bug des Bootes ausgebessert.
Da Michelangelo noch nicht wirklich fit ist, habe ich relativ viel freie Zeit und einen Teil dieser verbringe ich damit, auf der Mahana auszuhelfen. Generell können das allerlei verschiedene Arbeiten sein, aber in meinem Fall war ich größtenteils damit zugange, den Rost auf der Innenseite der Hülle – in der Bilge – zu beseitigen.Das muss man sich in etwa so vorstellen: du zwängst dich in einen kleinen Raum unterhalb des Fußbodens des Bootes, nimmst einen Hammer und eine Lampe mit und versuchst eine einigermaßen gemütliche Position zu finden. Dann fängst du an zu hämmern, so hart du kannst zielst du auf jeden braunen Fleck, der dir über den Weg kommt.
Ach, am Rande. Auf dem obigen Bild hast du auch gleich meine Füße als Größenvergleich. Das wären 44er, was wohl einen guten Eindruck davon vermittelt, wie „gut“ ich in solch eine Öffnung passe. Für Zwischendurch ist es aber durchaus eine ganz interessante Angelegenheit, das kann ich nicht abstreiten.
Okay, man merkt schon, ich drücke mich um das Thema, wann es für Michelangelo, Amy und mich selbst aufs Wasser geht. Dafür gibt es einen einfach Grund: Ich weiß es nicht. Und das ist noch einmal ein Thema für sich allein, denn der Plan wechselt jeden Tag. Es sind noch einige Dinge auf dem Segelboot zu erledigen (eine absolute Baustelle), Michelangelos Gesundheit erlaubt noch keine große körperliche Aktion auf seiner Seite und es ist nicht ganz billig, ein solches Boot wirklich seetauglich zu machen. Was lässt sich also sagen? Das wird schon. Letztendlich.
Mit dem Putzen haben wir bereits angefangen und haben das Boot aus dem Wasser geholt – wenn auch wir aus unerklärlichen Gründen vom Hafen direkt wieder zurückgesetzt wurden – , da wir ein wenig Osmose auf der Hülle haben und ein paar Kratzer zu reparieren sind.
Osmose? Ja, wirklich korrekt ist dieser Begriff hierbei nicht angewandt, da er ja eigentlich für einen physikalischen Prozess steht, aber für Bootsleute hat es noch eine zweite Bedeutung. Vereinfacht gesagt ist es Krebs für ein Boot. Eine Erscheinung auf Plastikbooten, bei denen sich kleine Blasen gefüllt mit Essigsäure entwickeln, die das Fiberglas unter der Farbe angreifen. Darum muss man sich natürlich zwischendurch mal kümmern. Für eine genauere Beschreibung gibt es vom europäischen Segelinformationssystem eine Seite zu diesem Thema.
Aber zurück zum eigentlichen Thema. So wie Dinge momentan stehen, hoffen wir am 19ten in Richtung Korsika aufbrechen zu können und von dort aus weiterzusehen. Sobald ich euch mehr von unserem Plan erzählen kann, schreibe ich. Bis dahin lasse ich noch ein paar Bilder zurück, die ich in den letzten Wochen bei meiner Erkundung Imperias aufgenommen habe.
Hier gibt’s noch mehr!